Homies mit Anke

Homies mit Anke

Neue Fotos und neue Antworten von Anke in meinem Format HoMies. Ich möchte Mamas, die ich zuhause mit ihrer Familie fotografieren durfte, interviewen und ihre Homestory auf meinem Blog veröffentlichen. Diesmal Anke. Anke habe ich im Rahmen unseres Shooting mit Specialedition kennengelernt und mich sofort in ihre wundervolle Familie verliebt.

Die Tür in die eigene Lebenswelt zu öffnen bedeutet viel Vertrauen in mich als Fotorgafin zu haben. Und das ist für mich auch das Schönste an diesem Beruf. Ich bin immer wieder so dankbar, dass ihr mir dieses Vertrauen schenkt und mich ein Stück in eure Lebenswelt lasst. HomeStories, kommt lasst sie uns zusammen schreiben.

 

 

Was ist typisch für unsere Familie?

Wir führen ein sehr strukturiertes Leben. Unser Alltag ist getaktet durch Schulzeiten, Arbeitszeiten, Medikamentenzeiten und Therapieterminen. Das schnürt uns Eltern oft in ein Korsett, dass wir nie tragen wollten. Wir sind beide freiheitsliebend und haben uns diese vor unserer Elternschaft ausgiebig genommen und gegönnt.

Jetzt mit einem schwerbehinderten Kind, dass mehrere nicht heilbare und zum Teil schlecht therapierbare Erkrankungen hat, ist es anders nicht möglich. Wir haben gelernt absolut verlässlich und kontrollierend zu reagieren. Wir versuchen hinzunehmen, dass es trotzdem jederzeit anders kommen kann. Ich selbst habe in den letzten Jahren gelernt, wie heilsam Akzeptanz ist.

Unsere eigenen Bedürfnisse können wir erst seit einigen Monaten wieder mehr fokussieren. Corona und unregelmäßige Kinderbetreuung ließen das, in der zeitgleichen schwierigen Epilepsiephase, 3Jahre lang kaum zu. Das tut uns unendlich gut.

Wir sind uns sehr nahe. Ich kann schlecht beschreiben, wie sich das ausdrückt. Aber wir haben alle drei eine feste Verbindung zueinander, eine Art Basisvertrauen oder Basisliebe.

Mein Mann würde typisch nüchtern sagen: „Mit uns ist besser, als ohne uns.“

 

Was bedeutet Erinnern für mich?

Erinnern hat derzeit oft etwas Schmerzhaftes an sich. Wenn ich mich bewusst an etwas erinnern will, hängt das oft mit Verlusten zusammen. Verlust von geliebten Menschen in den letzten 2Jahren. Verlust von Unbeschwertheit und Leichtigkeit. Verlust von Möglichkeiten, die vor dem Herzstillstand unserer Tochter gegeben waren.

Erinnern ist oft ein Denken an die leichten Zeiten.

Das liegt aber auch daran, dass es wenige Lebensmarker in den schlechten Phasen der Epilepsie gab. Die Lebensmarker sind dann keine besonders tollen Ausflüge oder Urlaube oder glückliche Momente im Alltag gewesen, sondern Klinikaufenthalte, die 4 guten Wochen mit Medikament X. Wegmarker können auch Menschen sein, die uns in einer bestimmen Situation erlebt haben. Frauen, die leise mit mir geweint haben, während eines schlimmen Anfalls im vollen Restaurant.

Früher dachte ich, ich werde mich ewig an Luises erste Schritte erinnern. So ganz tief erfüllt von Erleichterung. Ich kann mich auch erinnern an diesen völlig unverhofften Moment in der Reha. Aber es fühlt sich nicht unbeschwert an. Ich fühle dabei auch die Erinnerung an die damit verbundene Anstrengung. Ihre, wie meine.

Erinnern ist viel mehr, als das Denken an Vergangenes. Es ist für mich auch das Erinnern eines Lebensgefühls. Das kann sehr paradox sein. Die Zeit auf der Intensivstation ist gleichzeitig in meiner Erinnerung das emotional Schlimmste, was ich erinnern*erfühlen*erdenken kann. Aber auch der Ort der Rettung, des 1.Herzschlages, des Kennenlernens einer, bis heute dauernden Freundschaft. Der Ort, an dem unsere Paarbeziehung eine Tiefe erreicht hat, die uns bis heute trägt.

 

Wie erinnern wir uns als Familie? Gibt es Rituale?

Wir Eltern erinnern uns eher aus Situationen heraus. Wir finden Bilder, fahren an Orten entlang oder treffen Menschen und sagen uns: „Weißt du noch?“.

Mit Luise gibt es Erinnerungen als Einschlafritual. Wir erzählen, wie der Tag war, was wir am Wochenende gemacht haben, welche Menschen uns begegnet sind und wen wir vermissen. Luise findet es derzeit sehr spannend, wenn ich dann von ihrer Babyzeit erzähle. Das war anfangs seltsam, denn da war alles unbeschwert. Luise gesund und meine größten Themen waren Schlaf und Beikost. Es ist heilsam ihr davon zu erzählen und bewusst zu machen, dass wir ein sehr gutes erstes halbes Jahr hatten.

Wir haben uns ein Ritual vorgenommen für Tag X (Tag des Herzstillstandes). Ich habe in den letzten Jahren gemerkt, dass ich ein Ritual brauche, um mit den Erinnerungen umzugehen. Wir werden diesen Tag als Familie verbringen, schöne Erinnerungen schaffen und so viel Lachen, wie möglich in diesen Tag bringen. Jedes Jahr auf s neue.

 

Halten wir auch schwierige Momente mit der Kamera fest?

Das ist eine elementare Sache in unserem Leben. Wir müssen das sogar tun. Aus medizinischer und therapeutischer Sicht sind dokumentierte Verläufe wichtig. Ich habe einen ganzen Ordner voller Bilder aus der Früh-Reha, die Luises Fortschritte dokumentieren. Um Anfallssituationen beurteilen zu können, gibt es Aufnahmen von epileptischen Anfällen und anderen Auffälligkeiten. Ich habe bei diesen Bildern aber eine ganz distanzierte Perspektive. Ich bilde sie nicht mit dem Blick der Mutter ab, sondern mit dem der Therapeutin, Technikerin, Neurologin. Ich sehe in den Bildern kaum Emotion.

Anders sind die Bilder von der Intensivstation. Wir wurden damals aufgefordert, Bilder zu machen. Nicht nur von Luise, sondern auch von der Gesamtsituation. Ich fand das sehr befremdlich. Luise in der schlimmsten Situation ihres Lebens festzuhalten, war für mich fast nicht machbar. Die Erklärung der Mitarbeitenden auf Station war aber sinnig. Es braucht Erinnerungen auch an diese Zeit. Damit wir wissen, wo wir gestartet sind mit ihr und uns später freuen können, über „Was wir alles geschafft haben!“. Bilder, um nicht zu vergessen, wie der Raum mit 25 Perfusoren, Beatmung und ECMO aussah. Damit wir es uns nicht klein reden können, aber auch bei der Aufarbeitung dieser traumatischen Situation Material für einen Abgleich haben. Ich habe dann einige Bilder gemacht. Was ich nicht fotografiert habe, ist eine Gesamtaufnahme von Luise, wie sie im Bett lag. Es gibt nur Teilaufnahmen von ihren Händen und Füßen. Ich hatte das Gefühl eine ihrer Grenzen zu überschreiten. Ich will nicht, dass sie irgendwann sieht, wie schlimm der Anblick war. Es reicht, dass wir das gesehen und ausgehalten haben.

Heute halte ich auch schwierige Momente fest. Der Nachschlaf in meinem Arm an einem schlimmen Tag oder mein abgekämpftes Gesicht in der Klinik. Oft macht das Fotografieren den Moment leichter. Es ist dokumentiert. Eine kleine Pause, um aus der Situation heraus zu treten, die Perspektive zu wechseln und zu fragen „Was könnte dieser Frau jetzt wohl helfen?“. Wenn ich das Handy dann weglege, habe ich eine Antwort. Dann mach ich weiter.

 

Würde ich anderen Familien empfehlen sich fotografieren zu lassen?

Ganz klar *JA*! Ein Blick von außen ist unbezahlbar.

Bilder sind auch oft nicht positiv bewertet, weil wir uns fragen „Warum musste jetzt ausgerechnet das festgehalten werden? Was hat er/sie sich dabei gedacht?“ Wir nehmen übel, wenn Menschen unsere gefühlten Unzulänglichkeiten abbilden. Vielleicht, weil wir es (gerade in Beziehungen) als Vorsatz werten. Der Andere müsse doch wissen, dass man diesen oder jenen Makel nicht mag.

Mein liebstes Bild meiner Herkunftsfamilie ist ein Küchenbild. Meine Mutter räumt den Geschirrspüler ein. Ich glaube, wir Kinder sitzen am Küchentisch. Prägend ist die gebeugte Haltung meiner Mutter. Ein weiblicher Hintern mitten in der rechten Bildhälfte. Ich liebe dieses Bild, weil es meinen Alltag zeigt. Ich habe sofort Geräusche, Gerüche und Gesprächsfetzen in meiner Erinnerung wach. Meine Mutter erträgt das Bild nicht. Ich habe dieses Bild seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen. Schlimmer Ehestreit und die Idee „der wollte mich nur ärgern damit“ haben dazu geführt, dass es keine Alltagsbilder mehr gibt. Aber es braucht Alltagsbilder zum erinnern.

 

Was haben unsere Bilder mit mir gemacht? Mit uns?

Ich habe die Nähe zwischen uns GESEHEN. Viele Menschen melden mir zurück, wie innig unsere Beziehungen wirken. Aber ich wusste nie, was damit gemeint ist. An dem Tag selbst, hatte ich im Nachhinein Angst, dass wir die „nahen“ Momente, wie Kuscheln auf der Couch doch nicht gezeigt haben. Ich hatte das Gefühl mein Kind kaum berührt zu haben. Das hat mich traurig gemacht. Als ich dann die Bilder gesehen habe, war ich unendlich erleichtert. Da waren Blicke und kleine Berührungen, die ich gar nicht bewusst wahrgenommen hatte, die aber ganz viel Vertrautheit widerspiegelten.

Mir war auch nicht klar, wie oft die Blicke meines Mannes auf uns ruhen, wenn wir Alltägliches tun. Ihm zuzusehen, wie er uns zusieht, ist gleichzeitig schön und amüsant. Ich könnte über jedem Bild eine Denkblase einfügen.

Mein Mann mag die Bilder. Das hört sich „so naja“ an, ist aber richtig krass. Er mag nämlich absolut keine Bilder von sich selbst.  Dass er sich dazu bereiterklärt hat, bei den Fotoshooting dabei zu sein, fand ich schon ziemlich erstaunlich. Er bewertete Bilder eher als Dokumentation körperlicher Zustände. Womit wir bei Doppelkinn, Bauchansatz und grauen Haaren wären. Aber diese Bilder mag er. Er mag sich auf den Bildern.

Für Luise sind sie Anlass, um viel zu erzählen. Luise benennt auf den Bildern dieses Tages Handlungen, Details oder ordnet Emotionen zu. Ein kleiner Schatz der unterstützten Kommunikation. Sie mag es, dass sie Dinge widerfindet, die ich so nie abgebildet hätte. Ihren „Steppi“ (Step-by-step – Aufnahmegerät) findet sie total spannend.

 

Lieblingsbild? Warum?

Ich habe eine ganze Reihe liebster Bilder.

Ich mag das Bild auf dem Balkon von Karsten und Luise, auf welchem er so seltsam schräg hochblickt. Genau so schaut er häufig hoch, wenn die beiden Faxen machen. Das bringt mich zum Lachen. (226)

Luise mag „Händchen halten“ mit Papa. Manchmal sogar beim Zähneputzen. Es ist schön, dass es davon ein Bild gibt. (210)

Mich selbst mag ich auf vielen Bildern. Die Lachfältchen und den Blick auf dem Balkon mag ich sehr. (170). Ich spüre, wie entspannt ich war. Ein Bild meiner Lachfältchen hatte ich mir ja im Vorfeld gewünscht. Ich mag die sehr.

Meine Hände sehen aus der Distanz ganz anders aus, als gedacht. Fast wie die Hände meiner Mutter, obwohl sie ganz unterschiedlich sind. Einfach eine ähnliche Haltung auf sehr vielen Bildern. Ich möchte in Zukunft Bilder meiner Oma und meiner Mutter bei der Küchenarbeit machen. Kochen verbindet uns. Wir schneiden alle drei auf unterschiedliche Art Zwiebeln. Das soll meine „Küchentriologie“ werden.

Es gibt zwei Familienbilder, die ich sehr mag. Auf dem einen sieht man eine Situation, wie sie täglich vorkommt. Karsten und Luise spielen auf dem Boden und ich stehe im Türrahmen. Ich höre Lachen und Kochgeräusche, wenn ich es sehe. (28)

Auf dem Balkon mag ich das Bild, auf welchem Luise direkt in die Kamera blickt, während Karsten und ich sie ansehen. Ich mag unsere Blicke darauf. (232)

 

Machst du Selbstporträts? Warum?

Damit fange ich gerade erst an. Ich habe vor einem Jahr in der #mamawowarstdu Challenge eher Situationen kreiert, in denen ich mich sehen wollte. Mittlerweile ist es so, dass ich eher spontan Bilder mache. Eine Art kreative Pause in den 5min während ich auf den Schulbus warte oder um lustige Situationen festzuhalten, wie ein Schnipselbad auf der Couch oder dem Spielen mit Verpackungsfolie. Ich mag es, dass ich dabei ungeschminkt in meiner ganz normalen Umgebung bin. Nichts Gestelltes, höchstens mein Gesichtsausdruck. Manchmal versuche ich mich in ein Gefühl zu bringen, indem ich z.B. an einem sehr stressigen Tag, bewusst mein Gesicht so entspannt wie möglich fotografiere. Bis ich mir selbst glaube, dass ich entspannt bin. Das klappt tatsächlich. Wie eine kleine Achtsamkeitsübung.

Als nächstes möchte ich mehr Bilder mit Interaktion zwischen mir und anderen machen. Ich will seit Jahren fotografieren, kann aber mit einer richtigen Kamera kaum umgehen. Im Studium hatte ich „Sozialdokumentarische Fotografie im Brennpunkt“. Da habe ich viel über die Handhabung der Kamera gelernt, geblieben sind aber leider nur die guten Erinnerungen daran. Und ein paar gute Bilder aus einem Brennpunktviertel von spielenden Kindern vor sozialem Wohnungsbau.

 

Wenn du noch mehr über Anke, ihr Leben als pflegende Mama und ihre Familie lesen möchtest, dann schau gern auf den wunderbaren Blog „Kaiserinnenreich“.

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